Ostercamping

Hector4_Ostern

Endlich, es geht los: die Feiertage sind wie geschaffen für den ersten Kurz-Trip mit Hector. Muss ja nicht weit sein, ein netter Campingplatz in den Bergen reicht völlig – also Fahrrad verzurren (später noch mal kurven-fest verzurren), 3 (!) komplette Bettdecken nebst Kissen im Cockpit-Dach verstauen und mit Sonnenschein und Rückenwind geht es gen Süden (Danke an Freund V. für die musikalisch-perfekte Untermalung!).

Als erstes meldet sich das Navi, bzw.: es meldet sich nicht. Ob mit oder ohne Strom, kein Mucks, kein Bild, kein „Das Ziel befindet sich links“. Macht nichts, auch ohne Navi finde ich problemlos den Stau der Maut-Umfahrer in Richtung Kitzbüheler Alpen.

Am Ziel angekommen becirce ich hemmungslos den Platzwart und lasse gleich mal den Wassertank volllaufen. Leider hat sich Hector den Winter über schlechte Trinkgewohnheiten einfallen lassen: Die Wasserpumpe arbeitet tadellos, beide Hähne krähen bzw. gurgeln kurz, liefern dann aber astreines Wasser. Dumm nur, dass die vorgegebene Bordtechnik dann auch den Boiler befüllt, automatisch und nicht-verhinderbar. Ich brauche zwar auf einem vollausgestatteten Campingplatz kein heißes Wasser, aber die Tatsache, dass die Boiler-Wasser-Befüllung sich umgehend unter dem Fahrzeugboden ausbreitet, war so dann doch nicht geplant.

Der Frust währt jedoch nur kurz: Ein winterlich geplatzter Boiler ist zwar ärgerlich, aber für Geld + Zeit lässt sich das lösen. Und bis dahin beschränke ich die Bord-Hygiene eben auf das Nötigste. In meinem Alter kann man die 30m zum Waschraum auch laufen!

30mWaschhaus

Viel wichtiger jedoch: es ist herrlich! Ein paar Tage allein waren dringend nötig und mit dem Bus unterwegs zu sein fühlt sich großartig an. Zunächst bei milden Temperaturen im Freien, später dann kann auch der einsetzende Nieselregen nichts ausrichten: Am Platz lockt eine neumodische Wellness-Oase mit mehrere Saunen, einem Pool und diversen Ruheliegen. Alles wohlbeheizt und (bis auf den Pool) trocken. Der Abend klingt aus mit leckerer Campingküche, einem Glas Rotwein und sanfter Musik, untermalt vom gelegentlichen Anspringen der guten alten Truma-Heizung.

Größte Katastrophe des Tages: beim Öffnen des Wassertanks habe ich mir einen Fingernagel abgebrochen.

Ja, das helle Zeugs auf den Baumwipfeln ist frischer Schnee

Ja, das helle Zeugs auf den Baumwipfeln ist frischer Schnee

 

Obwohl die Nacht in der meterdicken Daunendecke eher zu warm als zu kalt ist, sieht der nächste Morgen zunächst frostig aus. Als kurz darauf die Wolken aufreißen und die Sonne ordentlich wärmt, sitze ich bereits auf dem Fahrrad: nur kurz zum Nachbarort, ein paar Alpenleckereien kaufen. Angesichts der Wetterentwicklung dauert der Rückweg fast zwei Stunden, weil die Berge mit abwechslungsreichen Waldwegen und sonniger Bewegung locken. Der Blick auf die weißen Gipfel des Wilden Kaisers über dem Schwarzsee führt einmal mehr vor Augen, was an diesem Winter typisch ist: er findet gleichzeitig mit dem Frühling statt!

 

Schwarzsee1

Am Nachmittag passe ich mich den örtlichen Gegebenheiten an: Wer was auf sich hält, lebt in Kitzbühel auf großem Fuß und auf Pump! Und so marschiere ich ohne einen Schilling in der Tasche in das beste Haus am Platz und bestelle edlen Tafelspitz. Der Kellner ist reizend, schwarwenzelt diensteifrig um mich herum und lässt mich vor allem in Ruhe essen, bevor ich die kostbaren Kalorien gleich wieder verbrenne, um per Fahrradsprint zum Campingplatz (Geld kaufen), zurück zum Restaurant und schließlich erneut “heim” zum Campingplatz zu fahren. Jaja, ich wollte ja fit werden…

Als ich mich am Ostersonntag unter die Spaziergänger rund um den See mische, fällt mir nach ungefähr ¾ der Umrundung auf, dass ich die einzige Exotin bin, die nicht inmitten herausgeputzter Familie, herausgeputzter Partner oder zumindest mit einem herausgeputzten Hund unterwegs ist. Wenn die alle wüssten, wie herrlich entspannend es ist, allein unterwegs zu sein!

SchwarzseeMoor1

Später am Tag lerne ich gleich mehrere Dinge:

  1. Ich kann tatsächlich mit der Säge umgehen, die mir der freundliche Baumarktfachverkäufer in die Hand gedrückt hat. Und ich kann mit etwas Geduld, leisen Flüchen und einer fast geraden Bruchkante ein Aluminium-U-Profil auf die passende Länge zurecht sägen. Und wenn ich mich beim Durchmesser nicht vermessen hätte, würde es genau unter den schwächelnden Gasdruckdämpfer des Hubbettes passen…
  2. Werkzeug und Pflaster sind eine unschlagbare Kombi! Kaum habe ich das Alu durchgesägt, da trete ich auch schon in die frische Schnittkante. Jetzt verstehe ich, warum eine Dame von Welt nicht lotterhaft barfuß herumlaufen sollte: hätte ich standesgemäß High Heels angehabt, hätte ich nicht den halben Abend albern herumhumpeln müssen.

 

Der Ostermontag startet sonnig und frisch und binnen kurzer Zeit sind Hector und ich startklar. Ein letzter Blick auf den Schwarzsee mit der klassischen Silhouette des wilden Kaisers, bevor ich auf der anderen Seite des Kitzbühel-Horns noch eine abschließende kleine Fahrradtour zum Hinterkaiser in Angriff nehme. Von den benachbarten Dauercampern aus dem wilden Osten verabschiede ich mich herzlich, obwohl ich ein wenig enttäuscht von ihnen bin: sie hatten keinen Gartenzwerg, keine Zaun-Umrandung und waren nicht mal unsportlich – kurz, sie haben einen Großteil meiner Vorurteile mit Füßen getreten. Zum krönenden Abschluss funktioniert sogar das Navi wieder – als ob ich die Strecke nach Hause nicht kennen würde!

Schwarzsee5