Es ist keine drei Tage her, dass ich anfing Hectors Sammelsurium auszuräumen, und prompt räume ich es schon wieder zurück: Mitte September lockt hitziges Spätsommerwetter, also geht es kurzfristig zu einem Wochenendausflug. Geplant ist eine Fahrt zum großen Ahornboden, als Alternative ist auch der Bodensee im Programm. Hector kann jedoch erstaunlich stur sein, und so folgt er wie vom Bindfaden gezogen dem Sommerwetter und kommt erst in Chieming, wenige Meter vom Chiemsee entfernt, zum Stehen. Nun gut, im Chiemgau war ich lange nicht und die Gegend bietet viel Wasser (etliche Seen), Alpenblick, hübsche kleine Ortschaften und etliche Übernachtungsmöglichkeiten, ohne dabei jedoch völlig dem Tourismus-Trubel anheim zu fallen. Das ist definitiv besser als der Bodensee und nur wenig weniger schön als der Ahornboden, der gewitterbedingt bis zum Indian Summer 2015 warten muss.
Gänzlich unvorbereitet stehen wir also am Ufer des bayerischen Meeres und sind mehr als angetan von der ruhigen Atmosphäre – mehr als drei Touristen auf einmal bekommt man hier vormittags nicht zu sehen.
Nach dem Genuss einer „Chiemsee-Pizza“ mit Äpfeln, Ziegenkäse und Pinienkernen lande ich ohne größeres Zutun in einem der kleinen Elektroboote, die am verschlafenen Bootssteg verliehen werden. Sanft tragen die Wellen das kleine flache Boot auf die Insel Herrenchiemsee zu, die jedoch genauso wenig näher kommt wie die Wolke kurz vor der Sonne. 30 min. später ist die Insel immer noch einige km entfernt, so ein Elektroboot ist eben keine Yamaha-Yacht. Macht nichts, in den schaukelnden Wellen, die uns der kreuzende Ausflugsdampfer beschert, lässt sich die Sonne herrlich genießen und außerdem bietet die Bootsperspektive beste Orientierung für die Frage nach dem schönsten Uferstrand.
Das unerwartet heiße Wetter und die Aussicht auf ferne Gewitterwolken am Alpenkamm verführen zu grenzenloser Faulheit. Gekühlter Rosé-Wein, süße Weintrauben und die auf dem See glitzernde Sonne tun ihr übriges und so lässt sich der Nachmittag prima vertrödeln.
Zwischen Nachmittag und frühem Abend steht plötzlich die Frage nach der Übernachtungsmöglichkeit vor mir. Die Campingplätze direkt am Chiemsee sind eng gedrängt, was für Hobby-Voyeure sicher super ist. Ich suche mir lieber etwas mit mehr Freiraum. Einige Restaurants und Höfe rund um den Chiemsee bieten Stellplätze für Wohnmobile an: abseits der Seen, dafür aber mit viel Ruhe und Platz. Oder doch lieber direkt an’s Wasser? Die Lösung liegt am Waginger See, genauer: am Campingplatz zwischen Waginger und Tachinger See, am Ortsrand von Tettenhausen. Auch hier, wie fast überall im deutschsprachigen Raum, ist der Großteil des Geländes fest in Dauercamper-Hand. Direkt am See aber lockt eine freie Wiese mit Blick über dem moorigen See und einen kleinen Ruderboot-Steg.
Träge geht die Sonne unter und träge endet auch der spontane Urlaubstag: das Restaurant am Platz serviert Wild und Wein. Am nächsten Morgen gibt es nach einem kurzen Sprung in den See sonniges Frühstück und dann geht es auch schon wieder zurück in den Alltag.
Das war ein entspanntes Erholungs-Wochenende ohne atemberaubende Wandertour, ohne Wildcamping, ohne Besichtigung und auch sonst ohne touristische Highlights – aber ohne meinen großartigen Campingbus wäre ich bestimmt nicht spontan im Chiemgau gelandet. Zwischen längeren Reisen sind es die spontanen Wochenend-Fahrten, die meinen eigenen kleinen Bus so wertvoll machen. Einfach los, einfach raus, einfach der Nase nach, das wird im folgenden Jahr sicher wieder viel Spaß und Erholung bringen!