Frankreich August 2014: Resumée

Eine Woche Urlaub, verlängert um 2-3 Extratage – damit muss sich doch was anfangen lassen! Es ist Ende August und ich will an’s Meer. Am liebsten in die Normandie und Bretagne, wo Kultur und raue See und grüne Wiesen und Erholung und windige Sonne warten. Die Verlockung ist groß genug, die relativ lange Strecke von 1.300 km in Angriff zu nehmen und so fährt Hector zwei Tage lang haken-schlagend nach Westen.

FranAugRoute1Einmal dort angekommen zeigt sich, dass die Bewohner im nordwestlichen Teil Frankreichs viel entspannter und freundlicher sind als die südlichen Mittelmeer-Beaus. Dazu kommt, dass die Gegend den Charme süd-englischer Cottages à la Rosamunde Pilcher versprüht, also eigentlich beste Bedingungen für acht Tage Urlaub. Wäre da nicht Hectors unbezwingbarer Wille, der Sonne zu folgen. Da kann man noch so oft „Granville“ in das Navi eingeben, wenn es dort Hunde und Katzen regnet, richtet sich der Kühlergrill stoisch gen Süden aus.

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Urlaub als Vision: So soll das aussehen! sagt Hector

Zum Glück bleibt vorher noch ein Tag mit mildem Spätsommerwetter, um den weltberühmten Mont Saint-Michel zu besichtigen. Er ist alles auf einmal: eine kleine Insel, eine Festung, eine Kathedrale, ein Dorf, ein Touristenmagnet, ein Wildwuchs architektonischer Details, ein Hingucker und neben all dem auch noch die exakte Grenze zwischen Normandie und Bretagne.

FranAugRoute2aNantes habe ich nur auf der Durchreise gesehen, es soll sich jedoch lohnen (Christine kennt sich dort mittlerweile deutlich besser aus). Hector und mich hat es dagegen in das Charente-Maritime verschlagen: eine eher wenig bekannte Urlaubsregion, die vorwiegend von der französischen Unterschicht (erkennbar am unglaublich schlecht erzogenen Nachwuchs) und freundlichen Briten genutzt wird.

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Rund um Royan gibt es wenige Highlights: den mitten im Meer stehenden und ältesten Leuchtturm des Landes Phare de Cordouan und das Estuarium als rundum-Info-Zentrum an der Gironde-Mündung. Daneben kann man noch auf ein paar Bunker-Ruinen herumklettern und den Hochseilgarten erklimmen, aber dann bleibt neben einer Radtour und endlosen Strandwanderungen wirklich nichts mehr zu tun. Wenn man dann auch noch die kleine Kirche von St. Georges de Didonne gesehen hat und im Kontrast dazu das modern-scheußliche Gotteshaus von Royan, kommt fast schon Langeweile auf. Schließlich kann man nicht ewig das Hinterland erkunden oder Austern sammeln und auch die angebotenen Bootstouren und Wanderwege werden bestimmt nach ein paar Wochen langweilig.

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Ein typischer französischer Wanderweg

Kurz, es ist die ideale Gegend, um eine volle Woche lang nichts zu tun.

Romanische Kirche in St.-Georges-de-Didonne

Romanische Kirche in St.-Georges-de-Didonne

Meist reise ich mehr als ich verweile, aber in diesem Urlaub ist meine innere Unruhe erstaunlich milde gestimmt. Nach der Anreise über Kehl und den Mont Saint-Michel genieße ich volle 7 Tage und Nächte lang Sommerwetter am Campingplatz Bois Soleil, bevor ich für den Rückweg von 1.333 km zwei Tage einplane und für dieses Jahr das Meer endgültig hinter mir lasse.

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Der Trick ist, sich eine lange Etappe nicht vorzunehmen. Das kenne ich schon von früheren Motorradtouren, bei denen ich völlig unerwartet über tausend Kilometer lang stoisch nach Hause fuhr (meist passiert einem das auf dem Rückweg) und dann vor lauter Autobahn-Sitzhaltung kaum noch vom Triumph-Sattel herunter kam. Nun passiert es mit Hector: die Lieblings-CD läuft rauf und runter und im Random-Modus und langsam werde ich textfest. Das Wetter hält, so dass wir laut trällernd (ich) und gleichmäßig brummend (Hector) nach Osten fahren. Die Schlösser der Loire locken mit bekannten und unbekannten Sehenswürdigkeiten, aber das ist mir zu früh für einen Zwischenstopp. Die Champagne soll ja auch ganz nett sein, aber auch hier ergibt sich höchstens mal ein kurzer Halt zum Auftanken, bevor Heimweh oder Rückenwind uns weiter treiben. Für das Elsass hatte ich schon schöne Adressen herausgesucht, um lecker zu Abend zu essen und dann auf dem dazugehörigen Parkplatz zu übernachten, aber fünf Uhr nachmittags ist eindeutig zu früh und Hunger habe ich gerade auch nicht. Hinter der Grenze tanke ich in Karlsruhe und überlege, einen ehemaligen Bekannten anzurufen zwecks Treffen + Übernachtung. Ach, ewig nichts mehr gehört, ich weiß nicht… Inzwischen ist es dunkel geworden und ich bin nördlich des Allgäus unterwegs, jetzt lohnt sich Anhalten auch nicht mehr! Um 23:00 Uhr rollt Hector schnaufend aus und wir stehen vor unserem Zuhause.

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Der zweite geplante „Fahrtag“ wird genutzt, um Hector abzuspecken: die Saison 2014 ist bald vorüber und den Winter über lagert ein Großteil des Zubehörs in den heimischen 4 Wänden, wo es trocken und warm ist.

Ein wenig wehmütig wische ich etwas Reisestaub von der Karosserie und freue mich jetzt schon: So wie die Wolken über den Himmel ziehen, ziehen auch wir bald wieder durch die Welt…

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Côte de Beauté: Strandtage

Alle verfügbaren Wetter-Apps sind sich einig: Montag ab 7:00 Regen. Um Punkt 7:00 setzt Dauerregen ein und ich frage mich: wenn die sich so gut auskennen, ist das nicht verdächtig – gibt es ein Kartell der Wetterfrösche, die das Wetter kontrollieren??

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Für uns heißt es: startklar und gen Süden! Der Weg führt vorbei an Châteaubriant und auch wenn mir erst Wochen nach dem Urlaub einfallen wird, warum mir der Name bekannt vorkommt, entschließen wir uns zu einen Zwischenstopp. Nach Besichtigung der Innenstadt (mittelalterliche Abschnitte und sterbende Geschäfte), der mächtigen Kirche und der Schloss-/Burganlage meldet sich der Hunger. Das weniger-abschreckende der beiden Bistrots des Ortes ist genau richtig, um ein richtig gutes Restaurant empfohlen zu bekommen: am Rande der Innenstadt in die Ausfallstraße einbiegen, eine Treppe hoch und im Hinterzimmer erwartet uns ein gemütlich-schlichtes Ambiente mit umwerfend gutem Essen. Schon bei den Vorspeisen sind wir hin und weg, die nächsten Gänge und auch Cidre und Kaffee halten das Niveau und als wir zum Schluss 13,- EUR je Person zahlen, ist es uns fast peinlich. Rindfleisch nach Art von Châteaubriant war zwar nicht dabei, aber die Tagesgerichte von „Le Relais d’Eugénie“ sollte man sich auf gar keinen Fall entgehen lassen, wenn man auch nur in der Nähe des Ortes ist!

Eglise Sainte-Croix in Châteaubriand

Eglise Sainte-Croix in Châteaubriant

Das nächste Etappenziel ist Nantes: Während Christine sich aufmacht, die Stadt und die vielbesungene Loire-Brücke zu erkunden, fahren Hector und ich den Regenwolken davon und halten erst 60km südlich von La Rochelle an. Vermutlich liegt es daran, dass hier zusätzlich zum weiten Atlantik auch die Gironde mit 6km Breite vor der Tür der Anwohner liegt, jedenfalls braucht hier keiner extra-Regen oder wenn, dann nur nach 23:00 Uhr.

FranAug_3dZuerst halte ich in St. Palais sur Mer, finde jedoch alle vier nebeneinander aufgereihten Campingplätze zwischen Küstenstraße, See-Promenade und Souvenirständen doof. Also noch ein paar Meter weiter fahren, vorbei an Royan und in St. Georges de Didonne ankommen. Hier finde ich meine Variante eines guten Campingplatzes: Ruhige Lage, aber in fußläufiger Entfernung zum beschaulichen Ortskern. Direkt hinter der Düne und trotz fehlender Meer-Sicht in Hörweite der rauschenden Brandung. Es dauert nur 15 Minuten bis Hector sich französischen Atomstrom einverleibt und ich mit einem Glas Cidre im sonnenwarmen Sand sitze und auf’s graublaue Meer blicke. FranAug_3e

Erst am Abend stellt sich heraus, dass die ruhige Lage zwischen 21:00 und 23:00 nicht gilt: die Camping-Animations-Open-Air-Disco beschallt weit mehr als nur das benachbarte Restaurant und so gibt es fortan jeden Abend 80er-Jahre-Best-of-Popmusik (oder was sie hier dafür halten) satt.

FranAug_4dbDas ist als einzige kleine Einschränkung verschmerzbar, denn ansonsten halten die nächsten 7 Tage genau das, was ich mir davon versprochen habe: Nach dem ersten Kaffee 20 Minuten Schwimmtraining im ausreichend großen Pool. Frühstück, Tee am Strand und gelegentlich 1,5km über den endlosen Strand (am schönsten: bei Ebbe) nach St. Goerges „downtown“ schlendern. Lecker essen oder gute Zutaten einkaufen (und später am Bus lecker essen). Am Nachmittag, wenn die Flut herein kommt, in den Wellen toben. Viel lesen, viel schlafen, viel auf’s Meer schauen.

FranAug_4gaAn einem der Tage taucht im Pool neben mir eine Schwimmerin auf, die mit ihren > 70 Jahren locker mein Tempo mithält und zusätzlich 1-2 km mehr schwimmt. Ich lerne Ida kennen, ehrbare britische Dame und pensionierte Lehrerin, die mit 60 Jahren Open-Water-Swimming für sich entdeckt hat und nur bei allzu hohen Wellen ihr Training in den Pool verlegt. Ich bin beeindruckt, lerne später auch noch ihren Mann Tony kennen und verbringe zwei vergnügliche Abende mit den beiden. Reiselustige Zeltcamper sind immer für unterhaltsame Urlaubsgeschichten gut und so geht uns der Gesprächsstoff nicht aus.

Dinner mit Ida & Tony

Dinner mit Ida & Tony

FranAug_5a Ein anderer Tag beweist, dass man auch mit dem billigsten aller Klappräder eine ernsthafte Fahrradtour unternehmen kann: in nördlicher Richtung kann man prima die Küste entlang radeln, hinter Royan und St. Palais sogar in einem unbebauten Pinienwald mit endlosen Strandkilometern und viel, viel Platz und Weitblick. Als ich 35 km später wieder zurückkomme, habe ich einen ordentlichen Muskelkater und schiebe ihn auf gelegentlichen Gegenwind.

Stelzenhütten zum Netz-Fang kleiner Krebse

Stelzenhütten zum Netz-Fang kleiner Krebse

In südlicher Richtung verlässt die Küste den Atlantik und führt statt dessen entlang der Gironde ins Landesinnere. Davon merkt man entlang der wechselnden Abschnitte von Steilküste, Mischwäldern und Sandbuchten allerdings nichts, da müsste man schon einige Kilometer weiter fahren. Die Wanderwege in diesem Bereich sind typisch französisch, also schlecht beschildert und streckenweise von Wald und Gestrüpp zugewuchert. Die einsamen Buchten mit ihren Stelzenhäuschen und Sandstränden sind die Mühe jedoch wert, von den tollen Fotomotiven ganz zu schweigen!

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Gullivers Reisen? Alles eine Frage der Perspektive…

Insgesamt bleibe ich für meine Verhältnisse ungewohnt lange an einem Fleck, nämlich volle 7 Nächte an ein und demselben Camping am Meer. Offenbar habe ich ein wenig Ruhe und Nichtstun gebraucht, sonst hätte ich sicherlich mehr unternommen. Für dieses Jahr aber genieße ich den faulen Spätsommer und nehme mir vor, in einem der nächsten Jahre mindestens 4 Wochen am Stück wegzufahren und dann die Westküste von der Normandie über die Bretagne, mit Ausflügen zu den Kanalinseln und dann immer weiter nach Süden bis Spanien abzufahren. Ja, Hector und ich haben noch viel vor…

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Le Mont-Saint-Michel

FranAug_2gDie Anfahrt von Kehl über Strasbourg, vorbei an Metz und schließlich über die wuselige Péripherique von Paris führt durch eher unspektakuläre Landschaften und hat vor allem ein Ziel: die Überwindung von 843 km bis in die südliche Normandie. Als wir dort von der Autobahn abfahren, sind wir auf Anhieb bezaubert vom Charme der Gegend: pittoreske Steinhäuser mit weißen oder grünen Fensterläden, sattgrüne Wiesen zwischen niedrigen Büschen und Bäumen, Blumen überall dazwischen und wellige Straßen, die sich im Hinterland der Küste durch malerische Cottages schlängeln… Ja, es gibt einen guten Grund, warum ich dieses Jahr schon zum zweiten mal hier her wollte. Wir sind so verzaubert, dass wir vergessen, während der Fahrt Fotos davon zu machen.

...ist ja  nicht so, dass es zu wenig Fotos gäbe...

…ist ja nicht so, dass es zu wenig Fotos gäbe…

Zunächst fahren wir Granville an, das mit einem schönen Altstadtkern und einem Campingplatz am Meer lockt. Angesichts der unerbittlich fortschreitenden Abendstunden rufe ich sicherheitshalber am Platz an, bis wann wir ankommen dürfen und wie wir am Folgetag zum Mont-Saint-Michel aufbrechen können. Die Antwort (bis 19:00 Uhr, Sonntags kein Busverkehr) ist ernüchternd, und so hängen wir noch eine halbe Stunde Fahrt dran und übernachten stattdessen am Camping Saint Michel in Courtils. Der Empfang ist freundlich, der Platz mit 15,- EUR/Nacht unerwartet günstig und am nächsten Morgen geht um 10:00 Uhr ein direkter Bus zum Mont-Saint-Michel, dem Ziel dieser Etappe.

Das Wetter hält und lockt mit windstillen, milden Temperaturen. Bevor der Bus kommt, haben wir noch genug Zeit, um den örtlichen liebevoll gestalteten Laden mit regionalen Spezialitäten näher zu begutachten: Galettes-Kekse oder Calvados, Camembert oder Cidre, was darf es sein? Einige kleine Einkäufe später bringt uns der Bus für 2,30 EUR pro Person bis zum Informationszentrum der Bucht von Saint Michel und schon haben wir erneut die Qual der Wahl: geführte Wattwanderung, Pferdekutsche, Zubringerbus „Navette“ oder Fußweg über die nagelneue Brücke? Der Fußweg gewinnt und kurz darauf nähern wir uns in der Vormittagssonne der beeindruckend bebauten Insel. Obwohl die „Insel“ aktuell im Watt statt im Wasser liegt, ist der Anblick imposant.

FranAug_2ebBisher erscheinen die Touristenströme erfreulich dünn, was sich erst in den engen Gassen des Mont-Saint-Michel selbst ändert. Zwischen zwei- bis dreistöckigen Steinhäusern führt eine schmale Straße bergauf und erinnert an eine Mischung aus Rüdesheimer Drosselgasse und mittelalterlichen Burgstädtchen – inklusive einer Unmenge an Souvenirshops, Restaurants und vor allem Touristen. Alle nervig, bis auf uns beide natürlich. Zehn Postkarten und ein frühes Mittagessen später erklimmen wir den oberen Teil der Insel mit seiner Klosteranlage. Für 9,- EUR Eintritt/Pers. lassen wir uns durch die unterschiedlichen Bereiche der Abtei treiben. Der meiste Teil ist gotisch und entsprechend großzügig angelegt. Je näher wir der Bergspitze kommen, umso mehr treten ältere Bestandteile zutage, schließlich ist der Kern der Anlage mehrere Jahrhunderte älter (und romanisch) als die von außen sichtbare Steinhülle.

FranAug_2faHoch über der architektonischen Pracht thront die aus Kupfer gefertigte, golden strahlende Statue des Heiligen Michael, die ihn im Kampf gegen einen geflügelten Lindwurm zeigt.

FranAug_2fgMindestens genauso schön wie die Anlage an sich ist der Blick über die offene Bucht in Richtung des offenen Meeres. Gemächlich wird die Wattlandschaft von Wasser überspült und geht weiter am Horizont in unendliches Blau-Grau über. Im Inneren betreten wir als nächstes den Kreuzgang, der einer der schönsten Bereiche der ganzen Abtei ist.

FranAug_2gbFranAug_2hcFranAug_2hdDie Abteikirche ist in ihrer schlichten Pracht und schieren Größe genauso spannend wie die Suche nach kleinen Details, die auf den Stilmix über die Jahrhunderte hinweisen. Die Gebäude der Klosteranlagen sind nur wenig verschnörkelt, da das Baumaterial (überwiegend Granit) keine filigranen Verzierungen zulässt. Lediglich in einigen nach innen gewandten Bereichen finden sich daher Verzierungen oder verspielte Säulen, was dem Bauwerk eine erhabene Note verleiht.

FranAug_2gfFranAug_2ghDas Refektorium ist auf seine ganz eigene Art überzeugend, wenn auch eher durch die Schlichtheit des symmetrischen, leeren Raums und durch das modern-kunstvoll gestaltete Deckenlicht als Ansammlung etlicher einzelner Glühbirnen. Neben kirchlicher Pracht ist der Bau aber auch ein Bollwerk, mit Schießscharten und dicken, widerstandsfähigen Mauern. Kurz nach einem großen Saal, in dem sich die Ballszene aus dem Klassiker „Tanz der Vampire“ stilecht nachspielen ließe, betreten wir plötzlich den alten Kern des Gotteshauses: eine kleine, sehr schlichte Kapelle, die den Ursprung der anno 708 gegründeten Anlage darstellt.

FranAug_2heNach gefühlten zwei Stunden in der Abtei sind die Sinne für Architektur und alten, grauen Steinen erschöpft und wir gönnen uns zur Erholung den Blick von der Klostermauer über die Bucht, lassen die Beine Baumeln und den Blick schweifen.

Hat uns das Kloster erleuchtet? Vielleicht...

Hat uns das Kloster erleuchtet? Vielleicht…

Der passende (und einzige) Bustransit zur Rückfahrt nach Courtils kommt uns um 17:05 Uhr gerade recht, so dass wir den milden Abend mit leichter Campingküche und ein paar fiesen Mücken ausklingen lassen.

Der nächste Tag hält sich genauso rigoros an den Wetterbericht wie der vorhergehende: pünktlich um 7:00 Uhr setzt Nieselregen ein, der sich in den nächsten zwei Stunden zu einem grauen Bindfadenwetter verstärkt. So gern wir noch hier bleiben würden (es locken immer noch Granville, die Smaragdküste, Jersey und weitere Kanalinseln sowie etliche raue Küstenabschnitte), bei Dauerregen über volle 4 Tage ist das keine Option. Also machen wir Hector startklar und brechen auf gen Süden.

Zweiter Versuch: Bretagne?

FranAug_1cSchon zum zweiten mal dieses Jahr geht es in die Normandie und/oder Bretagne. Bereits im Mai hatte ich die Westküste angepeilt, bin dann jedoch im äußersten Südosten der „Bretagne“ gelandet, am entferntesten Punkt in Argelès sur Mer. Aber jetzt ist August und damit einer der regenärmsten Monate der Bretagne, zumindest lt. Wikipedia. Was Wiki jedoch nicht auf dem Schirm hat ist der Einzug eines hartnäckigen Kaltwetter-Regen-Tiefs von Norden, aber so weit sind wir noch nicht.

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Die Gegend von zarter Piccata Milanese aus betrachtet

Noch ist Freitag und die Sonne jagt weiße Wölkchen über den Himmel Süddeutschlands. Kurz vor Stuttgart wird mir die Autobahn zu voll und zu staulastig und so konsultiere ich zunächst das Navi (Schweigen, schwarzer Bildschirm) und dann die Straßenkarten. Als alter Reisehase finde ich mich auch auf die altmodische Tour zurecht und werde nach diversen Bundes- und Landstraßen erst bei Tübingen vom knurrenden Magen abgelenkt. Gut, dass ordentliche Bürger regelmäßig vor ihrer Haustür kehren und Unkraut zupfen, so kann ich mich durchfragen bis ich in einem kleinen Stadtteil am örtlichen Sportplatz unerwartet lecker und mit Ausblick einkehre.

FranAug_1bKurz darauf geht es kurvig durch den Schwarzwald. Ich war noch nie hier und die Fahrt macht richtig Spaß. Verlockende Natur und verschlafene Kurorte mit Kurschatten-Charme der frühen 80er wechseln sich ab. Hector nimmt Kurve um Kurve unter die Allwetterreifen, während durch die offenen Fenster würzige Luft herein weht. Unter dem sonnigen Wolkenhimmel erstrecken sich Abschnitte mit Obst und Getreideanbau, durchsetzt von dunklen Wäldern und sportlichen Passkurven. Die Durchfahrt durch Freudenstadt zeigt eine wahre Bilderbuchkulisse, aber eine ausgiebige Besichtigung hebe ich mir für eine andere Gelegenheit auf.

FranAug_1kaAm späten Nachmittag rolle ich auf den Campingplatz Kehl, nur wenige Meter hinter dem Rhein mit offener Wiesenfläche für Zelte, Campingbusse und sonstige Gefährte. Während Christine noch kräftig im Baseler Büro wirbelt, sehe ich von Kehl aus schon mal rüber ins Nachbarland und zerbreche mir ein wenig den Kopf über Wetterprognosen, Westküsten-Entfernung und mögliche Reiseziele. Angesichts drohender Dauerregen-Vorhersagen habe ich am Vorabend noch schnell einen weiteren Reiseführer gekauft, um den Radius auf südlichere Breitengrade ausweiten zu können.

Dort, auf der anderen Flussseite, liegt Frankreich. Sieht eigentlich gar nicht so anders aus...

Dort, auf der anderen Flussseite, liegt Frankreich. Sieht eigentlich gar nicht so anders aus…

Als Sonne und Tageslicht sich verabschieden, kommt Christine an und wir spielen die verschiedenen Optionen durch: Schnell wird klar, dass am weltberühmten Mont-Saint-Michel kein Weg vorbei führt, was für den Sonntag wettertechnisch auch gut passt. Die Frage ist nur: und dann?? Wir werden sehen…

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