Chiemgau 2014

Es ist keine drei Tage her, dass ich anfing Hectors Sammelsurium auszuräumen, und prompt räume ich es schon wieder zurück: Mitte September lockt hitziges Spätsommerwetter, also geht es kurzfristig zu einem Wochenendausflug. Geplant ist eine Fahrt zum großen Ahornboden, als Alternative ist auch der Bodensee im Programm. Hector kann jedoch erstaunlich stur sein, und so folgt er wie vom Bindfaden gezogen dem Sommerwetter und kommt erst in Chieming, wenige Meter vom Chiemsee entfernt, zum Stehen. Nun gut, im Chiemgau war ich lange nicht und die Gegend bietet viel Wasser (etliche Seen), Alpenblick, hübsche kleine Ortschaften und etliche Übernachtungsmöglichkeiten, ohne dabei jedoch völlig dem Tourismus-Trubel anheim zu fallen. Das ist definitiv besser als der Bodensee und nur wenig weniger schön als der Ahornboden, der gewitterbedingt bis zum Indian Summer 2015 warten muss.

ChiemgauAquarell

Gänzlich unvorbereitet stehen wir also am Ufer des bayerischen Meeres und sind mehr als angetan von der ruhigen Atmosphäre – mehr als drei Touristen auf einmal bekommt man hier vormittags nicht zu sehen.

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Nach dem Genuss einer „Chiemsee-Pizza“ mit Äpfeln, Ziegenkäse und Pinienkernen lande ich ohne größeres Zutun in einem der kleinen Elektroboote, die am verschlafenen Bootssteg verliehen werden. Sanft tragen die Wellen das kleine flache Boot auf die Insel Herrenchiemsee zu, die jedoch genauso wenig näher kommt wie die Wolke kurz vor der Sonne. 30 min. später ist die Insel immer noch einige km entfernt, so ein Elektroboot ist eben keine Yamaha-Yacht. Macht nichts, in den schaukelnden Wellen, die uns der kreuzende Ausflugsdampfer beschert, lässt sich die Sonne herrlich genießen und außerdem bietet die Bootsperspektive beste Orientierung für die Frage nach dem schönsten Uferstrand. Chiemsee_b

Das unerwartet heiße Wetter und die Aussicht auf ferne Gewitterwolken am Alpenkamm verführen zu grenzenloser Faulheit. Gekühlter Rosé-Wein, süße Weintrauben und die auf dem See glitzernde Sonne tun ihr übriges und so lässt sich der Nachmittag prima vertrödeln.

Zwischen Nachmittag und frühem Abend steht plötzlich die Frage nach der Übernachtungsmöglichkeit vor mir. Die Campingplätze direkt am Chiemsee sind eng gedrängt, was für Hobby-Voyeure sicher super ist. Ich suche mir lieber etwas mit mehr Freiraum. Einige Restaurants und Höfe rund um den Chiemsee bieten Stellplätze für Wohnmobile an: abseits der Seen, dafür aber mit viel Ruhe und Platz. Oder doch lieber direkt an’s Wasser? Die Lösung liegt am Waginger See, genauer: am Campingplatz zwischen Waginger und Tachinger See, am Ortsrand von Tettenhausen. Auch hier, wie fast überall im deutschsprachigen Raum, ist der Großteil des Geländes fest in Dauercamper-Hand. Direkt am See aber lockt eine freie Wiese mit Blick über dem moorigen See und einen kleinen Ruderboot-Steg.

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Träge geht die Sonne unter und träge endet auch der spontane Urlaubstag: das Restaurant am Platz serviert Wild und Wein. Am nächsten Morgen gibt es nach einem kurzen Sprung in den See sonniges Frühstück und dann geht es auch schon wieder zurück in den Alltag.

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Das war ein entspanntes Erholungs-Wochenende ohne atemberaubende Wandertour, ohne Wildcamping, ohne Besichtigung und auch sonst ohne touristische Highlights – aber ohne meinen großartigen Campingbus wäre ich bestimmt nicht spontan im Chiemgau gelandet. Zwischen längeren Reisen sind es die spontanen Wochenend-Fahrten, die meinen eigenen kleinen Bus so wertvoll machen. Einfach los, einfach raus, einfach der Nase nach, das wird im folgenden Jahr sicher wieder viel Spaß und Erholung bringen!

Sprung

3 thoughts on “Chiemgau 2014

  1. Oh, das hast du schön geschrieben, das mit dem Wasser und dem Leben. Und Pieps guckt gerade ganz empört, wo sie doch bis auf eine Zehntelsekunde an deinem Szenenfoto dran war. Und sie will wissen, ob du auch immer Köpper geübt hast vorher.
    Doch, der große Wohnwagen hinter meinem Chevy, 7,5 m lang, 2,5 m breit, mit Blondine, fünf Kindern und zwei Bullterriern. Wenn wir auf den Campingplatz rollten, haben die Leute die Wäsche von der Leine genommen. Nur weil die Hälfte von uns Schwarzköpfe waren und die andere Hälfte Blondinen mit rosa bling bling. Oh, ich habe das so geliebt.
    Aber jetzt ist eine andere Zeit und die liebe ich auch. Svendura düst mit Zelt und Schlafsack auf ihrer Enduro durch die Welt. Das macht auch Spaß.
    Ich bin so gespannt, wie deine Reisepläne sich entwickeln und was du mit Hector noch alles anstellst.

  2. Ja, es war wirklich schön. Dich kann ich mir mit Wohnwagen so gar nicht vorstellen – der passt doch kaum hinter die Enduro??!
    Das Kopfsprung-Bild ist a) Anregung für eine gewisse Maus, b) eigentlich schon ein paar Tage älter, aber es passt so schön rein und c) führt es vor Augen, dass man sich immer wieder einfach reinstürzen muss. Ins Wasser und ins Leben!

  3. Welch ein schönes Wochenende. Kleine Fluchten. Ein wenig beneide ich dich um deinen Sitzplatz unter Hectors Vordach. Selbst habe ich einmal einen Wohnwagen gehabt und habe es geliebt, damit auf Reisen zu gehen.
    Die Gegend, in der du warst, ist mir noch so fremd, aber ich bin total neugierig darauf und kann mir gut vorstellen, dort eines Frühlings mein Zelt aufzuschlagen.
    Oh, das coole Kopfsprungfoto, so eine überraschende prima Aufnahme. Ich mag gar nicht fragen, aber ist das Wasser nicht schrecklich kalt gewesen?! (<20°?)

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